Blumen, Bauern und Biederkeit – so sehen viele Minetter das Ösling. Alles Klischee. Im Norden des Landes ist auf kultureller Ebene (fast) genauso viel los wie im Süden. Und dazu hat auch der Verein „De Cliärrwer Kanton“ beigetragen. Glückwunsch zum 40. Geburtstag.
André Bauler ist dafür bekannt, dass er Klartext redet. Und dass er sich als Politiker für den Erhalt von Kulturlandschaften und den Schutz des architektonischen Erbes einsetzt. Als Fotograf hat der DP-Politiker sein Herz an die Schönheit der Ardennen verloren. Trotzdem gibt er offen zu, dass die Gründung der regionalen Vereinigung „De Cliärrwer Kanton“ 1979 eine Verzweiflungstat gewesen sei. Eine Art Rettungsring. Noch anders ausgedrückt: der Versuch zu verhindern, dass immer mehr junge Menschen und Familien aus wirtschaftlichen Gründen aus dem Ösling nach Luxemburg-Stadt oder in den Süden des Landes ziehen. Doch wie bitteschön kann ein „Veräin fir dat kulturellt Liäwwen“ einem Exodus vorbeugen? André Bauler weiß die Antwort.
Kulturelles Leben kann nur gelingen, wenn das ökonomische und soziale Umfeld stimmt. Wenn eine medizinische Grundversorgung, attraktive Mobilitätsangebote und Anreize für innovative Unternehmen gewährleistet sind. Wenn jedoch Eltern keine Zukunft für ihre Kinder sehen, stimmt etwas nicht. 1979 ist der Kanton Clervaux wirtschaftlich zu einseitig aufgestellt. Es gibt keine modernen Infrastrukturen, und von regionaler Zusammenarbeit kann keine Rede sein. Diesem Missstand möchten etliche Idealisten auf den Zahn fühlen. Unter ihnen Lehrer, Landwirte, Schriftsteller und Studenten sowie engagierte Einheimische, die nach und nach ein Umdenken bewirken. Bereits 1984 trifft sich die damalige Regierung mit kommunalen und gesellschaftlichen Akteuren in Clervaux, um u.a. über zu lange verdrängte Probleme zu diskutieren und sich auszutauschen. André Bauler spricht in diesem Zusammenhang von dem Überwinden lokaler Kirchturmpolitik. Ihm zufolge ist die Geburt des „De Cliärrwer Kanton“ mit dem Startschuss in bessere Zeiten zu vergleichen.
Für die Entwicklung und Attraktivität des ländlichen Raums sind klare Strategien wichtige Voraussetzungen.
Vieles ist seitdem passiert. Öffentliche und private Investoren haben neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Gründung des interkommunalen Syndikats SICLER und des Zentrums für Ökologie, Sport, Tourismus, Kultur und Jugend in der Gemeinde Parc Hosingen sowie des Kulturzentrums Cube 521 in Marnach und der Bibliothek Tony Bourg in Troisvierges sind nur vier Beispiele, die von Erfolg gekrönt sind und den Abwärtstrend gestoppt haben. Dennoch bleiben unabgeschlossene Baustellen und noch unbeantwortbare Zukunftsfragen. Wie werden die Dörfer des Öslings im Jahr 2030 aussehen? Was können die Gemeinden und die Zivilgesellschaft konkret tun, damit das Leben dort lebenswert bleibt. Wie kann der öffentliche Transport verbessert, die kulturelle Bildung gefördert, die Ortszentren attraktiver gestaltet werden? Mit diesen und vielen weiteren Themen setzt sich „Der Cliärrwer Kanton“ auf konstruktive Weise auseinander.