
Erst durch das Eintragen ins Geburtenregister existiert dieses Kind offiziell.
Die „ONG OGBL Solidarité Syndicale“ ist seit acht Jahren in Ghana tätig, dies mit dem Ziel, den Ärmsten der Armen den Zugang zur nationalen Krankenkasse zu ermöglichen. Wie steht es heute um das Projekt „Ghana-Luxembourg Social Trust“, und was hat dieses im westafrikanischen Land bewirkt?
Text: Christiane Wagner (revue@revue.lu) / Fotos: Marc Franssens, Alain Colignon
Es ist später Abend als wir nach einem siebenstündigen Flug in Accra, der zweieinhalb Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Ghanas, landen. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht erwartet uns bereits Hotelfahrer Joseph, dessen Fahrkünste wir bei früheren Ghanaaufenthalten ganz besonders schätzen gelernt haben. Er wird unsere fünfköpfige Luxemburger NGO-Delegation durch den auch zu nachtschlafender Zeit noch äußerst chaotischen Straßenverkehr sicher ins Hotel bringen. Wie es ihm denn so gehe, frage ich ihn. Nicht ganz so gut, lautet die bedrückte Antwort. Zwar verdiene er mit seinem Job genug zum Leben, doch arbeite er im Moment rund um die Uhr, da seine Schwester, eine Witwe mit vier kleinen Kindern, ernsthaft erkrankt sei und Geld benötige, um die anfallenden Arztkosten und Medikamente zu bezahlen. Die einzigen Einkünfte der in einem entfernten Dorf lebenden Frau kämen aus dem Verkauf der kargen Erträge eines kleinen Ackers, den sie bewirtschafte. Würde sie arbeitsunfähig oder gar sterben, wäre dies für die ganze Familie eine Katastrophe. Nun obläge es laut afrikanischer Familiensolidarität ihm und den anderen Brüdern, das Geld für die Behandlung zu beschaffen.
Soziale Sicherungssysteme sind ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Armut.
Die bittere Realität hat uns, die wir gewohnt sind, Arztkosten, Therapien und Medikamente von der Krankenkasse erstattet zu bekommen, eingeholt. Kaum angekommen wird uns eindrücklich bewusst, wie wichtig und unentbehrlich unsere Mission vor Ort ist, nämlich den Ärmsten der Armen, in diesem Fall schwangeren Frauen, den Zugang zur nationalen Krankenkasse zu ermöglichen. Das Pilotprojekt „Ghana-Luxembourg Social Trust (GLST I)“ wurde 2009 von der „ONG Solidarité Syndicale“ des OGBL in enger Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der UNO und mit der Unterstützung der ghanaischen Regierung gestartet.

Entwicklungshelferin Samira Khayati ist bei der Geburtenregistrierung vor Ort.
Der überaus engagierte Projektleiter Armand Drews erklärt uns, weshalb die Wahl auf Ghana fiel: „Ghana ist ein demokratischer, politisch stabiler Staat und die ghanaische Regierung hat in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, eine soziale Grundsicherung für die Bevölkerung aufzubauen. 2004 wurde die nationale Krankenversicherung (NHIS) eingeführt, in der nach aktuellen Schätzungen an die 40 Prozent der Ghanaer versichert sind. Doch wie häufig in Entwicklungsländern, ist dennoch ein Großteil der ghanaischen Bevölkerung nicht ausreichend oder überhaupt nicht sozial abgesichert. Über 90 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten ohne regulären Arbeitsvertrag und zumeist auch ohne ausreichende Sozialversicherung. Dieser Teil der Population ist schwer erreichbar und kaum über die Vorteile einer Krankenversicherung aufgeklärt. Der OGBL war bereit, sich den logistischen Herausforderungen zu stellen und ein Aufnahmeprogramm mit zusätzlichen Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen im Distrikt Damgé West durchzuführen. Es galt, die lokalen Verantwortlichen, die Regierungs- und Distriktsbeamten, die Stammes- und Volksgruppenältesten sowie die Einheimischen zu überzeugen und für den Plan zu gewinnen. Bereits zu Anfang hatte die damalige Regierung angedeutet, sie würde im Erfolgsfall unser Pilotprojekt im Rahmen nationaler und internationaler Programme weiterführen und landesweit ausdehnen. In der Tat hatte sie sich die solidarische Förderung sozialer Sicherungssysteme als ein Instrument nachhaltiger Entwicklungsarbeit im Kampf gegen die Armut auf ihre Fahnen geschrieben, und der kürzlich neugewählte Präsident schlägt in die gleiche Kerbe“.