Nach Feierabend verwandelt sich Ingenieur Francesco Micillo in einen talentierten Pizzabäcker, der in den sozialen Medien und in Workshops seine Liebe für die Kochkultur seiner Heimatstadt Neapel mit Leidenschaft teilt.
Der 32-jährige Italiener aus Neapel ist weit mehr als nur ein passionierter Hobbykoch. Auf den ersten Blick wirkt er ein bisschen scheu, doch hinter seiner runden Brille und seinem kleinen zaghaften, aber freundlichen Lächeln, versteckt sich eine, zunächst einmal ungeahnte, Leidenschaft. Doch eines sollte ich Ihnen im Vorfeld trotzdem verraten. Eigentlich war mir sein Gesicht bis dahin total unbekannt. Um ehrlich zu sein, war mir überhaupt nichts über die Identität desjenigen bekannt, der sich auf Instagram als „FranzPizzaLux“ ausgibt. Was meine Aufmerksamkeit erregt hatte, waren diese ausgesprochen unwiderstehlichen Fotos und Stories leckerer Pizzas, mit knusprigem, fluffigem Teig. Wenn ich nur daran denke, läuft mir schon wieder das Wasser im Mund zusammen. Mir war sofort klar. Ich muss diesen „Franz“ ausfindig machen. Meine Recherchen haben mich nicht nach Neapel geführt, sondern nach Differdingen, nur einige Meter von unserer Redaktion entfernt. Hier empfängt uns der junge Mann, in seiner Küche, mit Schürze um die Taille und einem Paar Adiletten an den Füssen.
„Bereits mit zwölf Jahren arbeitete ich als Pizzabäcker in Neapel“, erinnert sich Francesco. „Ich bin in diesem Umfeld aufgewachsen, weil meine Eltern Gastronomen waren und dieses Ambiente mir immer sehr gut gefallen hat. Aber mein Vater hat mir zu verstehen gegeben, ich solle mich für einen anderen Beruf entscheiden, dass dieser Job zu hart und mit zu vielen Opfern verbunden ist.“
Seine Studien führten ihn in den Norden Italiens, sein Beruf als Ingenieur nach London, Paris und schlussendlich nach Luxemburg. Doch auch kilometerweit von der so geliebten Heimat entfernt, bleibt seine Leidenschaft für die neapolitanische Küche intakt.
Es ist eine Mischung aus Mathematik, Chemie und Physik, die natürlich eine gewisse Disziplin verlangt. Francesco Micillo
„Pizzabacken ist in Neapel mehr als eine Tradition, es ist ein Teil unserer Kultur“, betont der junge Mann. „Die Pizza spielt in der Familie und unter Freunden eine fundamentale Rolle. Ein Moment des Teilens und der Geselligkeit. Das habe ich sehr vermisst, als ich meine Heimatstadt verlassen habe. Beim Pizzabacken fühle ich mich ein bisschen wie zu Hause, zu Hause in Neapel. Es ist wie eine schöne und unvergessliche Kindheitserinnerung.“
Ein Stück Heimat, die er mit den Luxemburgern teilen möchte. So kam dem begeisterten Neapolitaner die Idee, sein Leidenschaft für Hefe- und Sauerteig nicht nur seinen viertausend Abonnenten auf den sozialen Medien zur Schau zu stellen, sondern ebenfalls in Workshops, die in seiner Wohnung oder bei seinen Kunden zu Hause stattfinden.
„Der Umgang mit Hefeteig ist etwas ganz Eigenartiges“, verrät der charmante Pizzabäcker. „Er ist lebendig. Wenn Sie Hefe in Mehl geben, schaffen Sie einen lebenden Organismus mit einer Bakterienstruktur im Inneren. Er lebt wie ein Baby und dementsprechend bereiten Sie nie zweimal denselben Teig vor. Es ist jedes Mal eine neue Erfahrung. Es gibt viele Elemente, die einen Einfluss auf den Teig haben können. Die Zimmertemperatur, die Luftfeuchtigkeit im Raum usw.“
Seit mehr als fünfzehn Jahren beschäftigt er sich mit dem Phänomen der chemischen Prozesse, das für Nichteingeweihte eine echte Entdeckung ist. Ein Knowhow, das sich im Laufe der Zeit erweitert und verfeinert. „Es ist eine Mischung aus Mathematik, Chemie und Physik, die natürlich eine gewisse Disziplin verlangt.“
Sein Ehrgeiz treibt Francesco Micillo immer weiter. Im Dezember 2020 eröffnet er im hauptstädtischen Neudorf, zusammen mit seinen Geschäftspartnern Maurice Delcourt, Tom Zigrand und Louis Arnoux, die erste Ghost-Kitchen-Pizzeria hierzulande. Ein neuer Gastro-Trend, der sich während der Corona-Pandemie rasch weltweit in den Metropolen ausgebreitet hat. Es handelt sich sozusagen um ein „Geister-Restaurant“, in dem sich kein Speisesaal und keine Gäste befinden. Das Lokal besteht meist nur aus einer Küche, wo Gerichte zum „Take Away“ oder zur Lieferung vorbereitet werden. Bestellen tut der Kunde über einen Lieferservice. „Ich möchte nur meine Leidenschaft teilen, indem ich versuche, die bestmögliche Pizza anzubieten. Mit hochwertigen Produkten und dem nötigen Können hergestellt. Mehr nicht“, schwört er. Das Business scheint auf jeden Fall gut zu laufen, denn in nächster Zukunft plant er die Eröffnung eines weiteren Lokals in Esch. Auch im Süden sollen die Einwohner nicht mehr lange auf den verführerischen Geschmack seiner „Fluffy Neapolitan Pizza made in Luxembourg“ verzichten müssen.