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Experiment

Keine Probe, keine Regie, keine Kostüme. Erst zu Beginn der Vorstellung erhält der Schauspieler oder die Schauspielerin den Text und wird „Wäiss Kanéngchen, rout Kanéngchen“ nur einmal spielen – so das Konzept des iranischen Autors Nassim Soleimanpur. Ein Experiment, das wunderbar funktioniert.

Marco Lorenzini macht den Anfang. Er wird eine Zuschauerin dazu bringen müssen, weißes Pulver in eines der beiden Wassergläser zu schütten, die auf dem Tisch auf der Bühne stehen. Vielleicht ist es Gift, vielleicht aber auch nicht. Am zweiten Abend übernimmt Franck Sasonoff, im März wird Nilton Martins mit Nassim Soleimanpurs Text kämpfen, im Mai ist Steve Karier an der Reihe. Jules Werner (Foto), Nickel Bösenberg und Christiane Rausch vervollständigen das Darstellerseptett. Wer am Ende sterben soll und ob tatsächlich jemand stirbt, spielt eigentlich keine Rolle, denn es geht dem Autor, der seine Heimat Iran lange Zeit nicht verlassen durfte, weil er sich dem Militärdienst verweigert hat, um etwas ganz anderes. Im Mittelpunkt von „Wäiss Kanéngchen, rout Kanéngchen“ steht nämlich das Publikum, das sich von seinem Text herumkommandieren lässt und gegebenenfalls bereit ist, einen Menschen zu töten.

Darüber hinaus geht es in dem Stück, das mittlerweile in 15 Sprachen übersetzt wurde und um die halbe Welt gereist ist, um die Mühen des Schreibens, Methoden der Zensur, das Elend blinden Gehorsams und um angepasste weiße Kaninchen sowie individuelle Kaninchen, die rot gefärbt werden. Wie die Schauspieler ihre Rolle spielen, ist eine Sache des Charakters und des Temperaments. In Österreich, im Wiener Schauspielhaus, wahrte Adele Neuhauser bei der Premiere eine gewisse Distanz, während Caroline Peters (bekannt aus „Mord mit Aussicht“) im Folgestück mit Slapstick arbeitete. Kurzum: Auch in Luxemburg wird keine Vorstellung wie die andere sein.

Vom 10. Dezember (Premiere) bis zum 2. Juli. Mehr Infos: www.tnl.lu

(Foto: Julien Becker)

Philippe Reuter