Für Quentin Tarantino ist Erfolg, wenn er am Ende seiner Karriere als einer der größten Filmemacher gilt, der jemals gelebt hat. Wovon der Kultregisseur sonst noch gern prahlt, Tom Shone hat dem arbeitswütigen „enfant terrible“ Hollywoods mit „Tarantino“ ein kleines Denkmal gesetzt.
„Wenn ich an einem Film arbeite, tue ich nichts anderes. Alles dreht sich um den Film. Ich habe keine Frau. Ich habe keine Kinder. Mir kann nichts in die Quere kommen. Bis jetzt steht meine Entscheidung, diesen Weg allein zu gehen. Denn das ist meine Zeit. Meine Zeit, um Filme zu machen.“ So kennt man ihn. Als ein ziemlich arrogantes Großmaul. Freunde schätzen indes einen ganz anderen Quentin Tarantino. So beschreibt Regisseur-Kollege Paul Thomas Anderson ihn als einen sanften und unglaublich netten Kerl. Vor allem im Umgang mit Schauspielern soll er äußerst gutmütig sein. Auch Autor und Filmkritiker Tom Shone, der den Kultregisseur zu Hause besucht hat, kann nur bestätigen, dass sich hinter dem Mann mit dem „Mundwerk wie ein Maschinengewehr“ ein sehr liebenswerter Mensch versteckt.
Vor allem aber ist Quentin Tarantino ein detailversessener Perfektionist. Wenn er ein Drehbuch zu schreiben beginnt, besorgt er sich zuerst ein dickes Notizbuch und einige schwarze und rote Filzstifte. Früher hat er überall geschrieben, nur nicht zu Hause. „Django unchained“ entsteht jedoch auf dem Balkon seines Schlafzimmers in seiner Villa in den Hollywood Hills. Von dort schaut man auf den Swimmingpool und einen Orangenbaum, während in der Ferne grün bewachsene Canyons zu sehen sind. Über den Schreibprozess an sich verrät der mittlerweile 55-Jährige, dass sein Kopf wie ein Schwamm sei. „Ich höre jedem zu und achte auf kleine typische Verhaltensweisen.“ Erzählt jemand ihm einen Witz oder eine interessante Geschichte aus seinem Leben, merkt er sich alles ganz genau. So entstehen Figuren und Dialoge, die meist voll ausgeformt sind. Dass er noch eine Smith-Corona-Schreibmaschine besitzt, auf der er seine Geschichten mit einem Finger abtippt, macht ihn geradezu unglaublich sympathisch.
“Sobald ich nicht mehr alles für einen Film geben will, höre ich auf. Das ist kein Teilzeitjob. Es ist mein Leben.” Quentin Tarantino
Mit „Reservoir Dogs“ wird der junge Tarantino, der in einer Videothek in Los Angeles arbeitet, 1992 über Nacht berühmt. Kritiker sind sich schnell einig – und liegen fast alle falsch. Es geht dem Regisseur nicht darum, blutige Spektakel zu inszenieren und das Publikum mit Chaos und Zerstörung zu verführen, und obwohl er in Interviews wiederholt behauptet, dass Gewalt für ihn ein absolut ästhetisches Thema sei, sind seine Filme stark von seinen persönlichen Erfahrungen geprägt. Menschen verlieren den Überblick, weil sie gerade auf der Toilette sitzen. Pistolen gehen versehentlich los. Diebe streiten über Farben, die sie als Decknamen benutzen wollen. Und der Zuschauer lacht, weil er sich in diesen Szenen wiedererkennt. Mit anderen Worten: In der Welt des Kultregisseurs gibt es viel Brutalität und genauso viel Realität. Was den zweifachen Oscar-Preisträger als einen grandiosen Beobachter auszeichnet.

Mit Uma Thurman bei der Besprechung von Actionszenen am Set von „Kill Bill“.
In „Tarantino“ erklärt Tom Shone, der Filmgeschichte an der New York University unterrichtet und bereits Bücher über Woody Allen und Martin Scorsese geschrieben hat, nicht nur, wie der kontroverse Filmemacher tickt und am Set arbeitet, sondern auch warum alle ihn nur lieben können. Mit Tom Roth betrinkt er sich während des Castings für „Reservoir Dogs“. John Travolta lädt er zu sich nach Hause ein und singt mit ihm bis in die frühen Morgenstunden „You’re the one that I want“, bevor er ihn für „Pulp Fiction“ engagiert. Mit der Crew von „Kill Bill“ zieht er am Wochenende durch die Bars von Peking und nimmt Ecstasy auf der Chinesischen Mauer. Doch montags ist er dann wieder voll bei der Sache.