Mit der wärmeren Jahreszeit steigen auch die Gefahren für die menschliche Haut. Die „Société Luxembourgeoise de Dermatologie-Vénérologie“ betreibt mit Kampagnen Aufklärung. Ihr Präsident Xavier Miller spricht über Risiken von Hautkrebs und Behandlungsmöglichkeiten.
Foto: Tania Feller (Editpress), Dan Race (Fotolia)
Wie gefährlich ist Hautkrebs?
Er ist die am häufigsten auftretende Krebsart, viel häufiger als zum Beispiel Brust- oder Darmkrebs. Die Statistiken des „Registre National de Cancer“ zeigen auch deutlich, dass der Hautkrebs an erster Stelle liegt, obwohl dabei nicht einmal alle Krebsarten mit eingerechnet werden, etwa Basaliome, halb bösartige Krebsarten, die weit häufiger vorkommen. Letztere schränken die Lebenserwartung nicht ein, wenn sie behandelt werden. Weil sie nicht tödlich sind, werden Basaliome nicht in den Statistiken geführt. Beim Hautkrebs gibt es zwei Arten, die extrem schnell zum Tod führen können.
Welche Arten sind das?
Zum einen der Schwarze Hautkrebs, das Melanom. Des Weiteren es gibt den Altershautkrebs oder Weißen Hautkrebs, was auch sogenannte Spinaliome sind.
Und was ist der am häufigsten auftretende Hautkrebstyp?
Die Basaliome. Ich operiere in etwa 400 pro Jahr. Aus einer US-amerikanischen Statistik (skincancer.org) geht hervor, dass Basaliome dort bei 2,8 Millionen Menschen in 2010 auftraten. Diese Art ist zum Teil alters- und sonnenbedingt. Früher nannte man ihn den Winzer- oder Bauernkrebs, weil Winzer und Bauern öfter der Sonne ausgesetzt waren und daher häufiger darunter litten als andere. Heute ist er weit verbreitet durch die ganze Bevölkerung, selbst bei jungen Patienten unter 30 Jahren.
Hat die Zahl der Hautkrebserkrankungen zugenommen?
Bei allen Arten gibt es eine Zunahme. Besonders beim Melanom. Hier ist die Zahl der Fälle von den 60er Jahren bis heute um das Zweitausendfache gestiegen.
Liegt dies an Umwelteinflüssen bzw. an einer stärkeren Sonneneinstrahlung?
Zum einen ist es auf den Klimawandel zurückzuführen. Zum anderen liegen aber auch eine erhöhte Mobilität und ein kultureller Wandel vor. Bis in die 60er Jahre ist man selten in Urlaub gefahren. Mit dem Reisen in südliche, sonnigere Gefilde ist auch die Gefahr, an Hautkrebs zu erkranken, größer geworden. Heute fliegt man für ein verlängertes Wochenende nach Mallorca und kommt mit roter Haut zurück, weil man nicht genügend für den Sonnenschutz getan hat.
Ist mit dem Frühlingsbeginn auch die Gefahr gestiegen?
Hautkrebs entwickelt sich über Monate und Jahre sehr langsam – außer dem Melanom, welches in zwei, drei Monaten völlig entartet. Die meisten Leute gehen zum Hautcheck im Herbst/Winter zum Arzt. Dann diagnostizieren wir mehr Hautkrebsarten bei den Patienten. Aber die Entstehung des Hautkrebses ist jahreszeitenunabhängig. Das Reisen zu jeder Jahreszeit hat es vereinfacht, dass durch zu viel Sonne die Haut zu stark strapaziert wird. Die meisten Hautkrebsfälle sind sonnenbedingt oder altersbedingt. Wir finden also auch mehr Fälle, weil Menschen älter werden. Da sich die altersbezogene Bevölkerungsstruktur verändert hat, kommen häufiger Spinaliome vor, welche Metastasen bilden können. Früher hat man bei einem Patienten vielleicht ein oder zwei Mal ein Basaliom entdeckt, das dann operativ entfernt wurde. Heute findet man vom Zwanzigjährigen bis hin zum Rentenalter oft eine Zunahme um das Drei- bis Vierfache.
Ist man im Alter gefährdet?
Nicht unbedingt. Das Risiko besteht nicht so sehr durch die Alterung der Haut, die sicherlich dünner wird, als durch die Sonneneinstrahlung, der man in den Jahren zuvor ausgesetzt war und die zu einer Zellveränderung führt, die der Körper nicht mehr selbst reparieren kann, indem er die Zellen zerstört und durch neue ersetzt. Wenn die Haut zwanzig bis dreißig Jahre vorher so stark gereizt wurde und der körpereigene Reparaturmechanismus überfordert wird, können sich Krebszellen bilden. Die Leute haben einfach mehr Zeit, einen Hautkrebs zu entwickeln.
Gibt es Risikogruppen?
Natürlich. Das hängt vom Hauttyp ab. Je heller die Haut und je sonnenempfindlicher sie ist, desto größer ist das Risiko. Und je häufiger Sie in die Sonne gehen, desto größer ist die Chance, dass Sie Hautkrebs bekommen. In Luxemburg ist der Weiße Hautkrebs der häufigste Krebs von allen Krebsarten, inklusiv Brust- oder Darmkrebs.
„In Luxemburg ist der Weiße Hautkrebs der häufigste Krebs von allen Krebsarten, inklusiv Brust- oder Darmkrebs.“
Und jemand mit einer dunklen Hautfarbe?
Mit einer sehr dunklen Hautfarbe eher selten auf der normalen Haut, eher dann an pigmentarmen Körperteilen, wie Schleimhäuten, Hand- und Fußsohlen oder um die Nägel. Aber Europäer, die zu viel in die Sonne gehen, sind umso gefährdeter. Selbst viele Südeuropäer sind gefährdet, weil sie ihren Schutz allmählich verloren haben. Lange Zeit wurde behauptet, dass Solarien nicht gefährlich seien. Inzwischen wissen wir, dass sie krebserregend sein können. In mehreren Ländern dürfen Betreiber von Solarien keine Minderjährigen mehr in ihr Sonneninstitut lassen. UV-Strahlung in hoher und langer Dosierung ist krebserregend, 25 Prozent der Gesamtbestrahlungszeit ist vor dem 18. Lebensjahr erreicht.
Was ist der beste Schutz gegen Hautkrebs?
Sonnenschutzkleidung, Sonnenhut, Sonnenbrille und Schutzcreme auf die noch freien Stellen des Körpers. Und man sollte zu starke Sonne zu den heißen Tageszeiten vermeiden und den Schatten aufsuchen.
Wie skeptisch ist ein Dermatologe gegenüber Sonnenbadenden?
Wir informieren seit langem mittels Kampagnen in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium die Menschen darüber, was die Sonne anrichten kann. Zuerst versuchten wir es bei den Erwachsenen. Als wir feststellten, dass dies keine besonders große Wirkung erzielte, richteten wir unsere Kampagnen stärker an Jugendliche. Wir organisierten zum Beispiel als Dermatologische Gesellschaft zwei Wettbewerbe. Im vergangenen Jahr drehten Jugendliche eines Lyzeums einen Film über Hautkrebs, der vom Ministerium finanziert und über die Sommerzeit in den Kinos gezeigt wurde. Dieses Jahr starteten wir einen Slogan-Wettbewerb zum Thema Hautkrebs. An die Gewinnerschulen werden die T-Shirts mit dem Siegerslogan dann zum Teil gratis verteilt, aber vorwiegend an unsere Euromelanoma-Kampagne.