Fast hätte Luxemburgs erste und immer noch einzige Profiboxerin Caroline André den Boxsport an den berühmten Nagel gehängt. Doch dann lernt sie Chris Lafontaine kennen, und alles wird anders.
Fotos: Philippe Reuter (2), Isabella Finzi (Editpress)
Frau André, Sie haben recht spät mit dem Boxsport angefangen. Wieso eigentlich?
Ich habe immer schon gern Sport getrieben. Ich bin gejoggt, habe im Fitnessstudio trainiert, war in einem Judo-Club. Als ich mit 27 Jahren nach einer neuen Herausforderung suchte, landete ich beim BC Düdelingen und war sofort begeistert. Der Boxsport war und ist genau das Richtige für mich.
Wieso?
Boxen ist eine Sportart, die einem viel abverlangt. Man muss nicht nur körperlich topfit sein und Ausdauer haben, man muss ebenfalls konzentriert und diszipliniert sein. Es geht bei den Wettkämpfen nicht nur darum, den Gegner k.o. zu schlagen und eigene Verletzungen zu vermeiden, indem man mehr Schläge austeilt als kassiert. Im Ring spielen Taktik und Psyche eine gleichermaßen große Rolle.
Trotzdem handelt es sich nicht um ein Spiel. Boxer „kämpfen“.
Stimmt, und im Dezember 2017 hätte ich dieses Kämpfen um ein Haar für immer aufgegeben.
„Es ist vielleicht nur Wunschdenken, aber es ist mir schon wichtig, Kindern und Jugendlichen in unserem Boxclub die Möglichkeit zu geben, sich an einem Sandsack abzureagieren, um überschüssige Energie loszuwerden.“ Caroline André
Was ist passiert?
Bei der Gala des Boxing Club Rumelange, bei dem ich eine Profilizenz hatte, musste ich in der vierten Runde einen schweren Schlag ins Gesicht einstecken. Zuvor waren ich und meine Gegnerin Marie-Hélène Méron bereits mit den Köpfen zusammengeschlagen. Ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Mein linkes Auge schwoll so stark an, dass ich nichts mehr sehen konnte. Mein Trainer wollte mich noch dazu überreden, weiterzumachen, aber ich brach ab. Und verlor durch technischen K.O. Später diagnostizierte der Röntgenarzt eine bilaterale Gesichtsfraktur. Bei einem weiteren Schlag hätte das Knochengewebe verletzt werden können, und ich hätte möglicherweise das Augenlicht verloren.
Hat man nach einer derart schweren Verletzung noch Lust, erneut in den Ring zu steigen?
Ich wollte damals tatsächlich mit dem Boxen aufhören. Und fiel in ein tiefes Loch. Auch in meinem Privatleben ging alles irgendwie drunter und drüber. Anfang 2018 lernte ich meine Lebensgefährtin Christine Lafontaine kennen. Sie half mir durch diese schwierige Zeit des Zweifelns. Mehr noch: Durch ihre Motivation habe ich die Boxhandschuhe erneut angezogen.
Und mit ihr zusammen haben Sie im vergangenen Jahr zudem einen neuen Boxclub gegründet.
Genau. Der Dritte im Bunde ist Toni Tiberi. Er betreut die Kinder, ich trainiere die Erwachsenen. Mit dem früheren Differdinger Boxclub haben wir nichts zu tun, wir haben lediglich dessen Infrastrukturen von der Gemeinde zur Verfügung gestellt bekommen.

Christine Lafontaine, Caroline André, Toni Tiberi