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Zeichen der Pandemie

Die Corona-Krise hat vor rund zwölf Monaten auch Luxemburg erreicht und hat seitdem das Leben hierzulande im Griff. Die Ausstellung „COronArt“ zeigt, wie 32 Künstler die Pandemie sich in ihren Arbeiten widerspiegelt.

Direkt hinter der Tür springt einen ein Nackedei an. Na ja ganz nackig ist Benji Konz auf seinem Autoporträt nicht. Die intimste Stelle wird von einem Strohhut bedeckt. „Während des ersten Lockdowns gab es auf Facebook die Gruppe ‚Family of containment‘, wo es täglich eine neue Challenge zu bewerkstelligen gab“, führt der Fotograf aus und hängt an: „Dieses Bild ist unter dem Motto ‚Wunder‘ entstanden und basiert auf dem Gedicht des Luxemburger Schriftstellers Pol Schons ‚D’Wonner vum Schetzel‘“. In der Kurzfassung erzählt das Gedicht folgende Anekdote: Schetzel war laut Gedicht ein Eremit, der bis auf einen Hut unbekleidet vor neun Jahrhunderten durch den Gréngewald streifte und der selig gesprochen wurde, weil sein Hut wie ein Wunder über seinem Gemächt in der Luft hängen blieb, als ein paar Ordensschwestern vorbeigingen.

PR1_7611Ein gut gewählter Einstieg in die Ausstellung „COronArt“ im Escher „Kamellebuttek“. Zum einen, weil das Foto zeigt, dass man trotz Pandemie nicht alles schwarz sehen muss und Humor irgendwie immer eine gute Waffe ist, zum anderen, weil Schetzel schon vor neun Jahrhunderten isoliert lebte. Ein Schicksal, das uns im vergangenen Jahr alle ereilte, dem Virus aus China sei Dank. Alle Werke der insgesamt 32 Künstler stehen in direkter Verbindung mit der Situation, wie sie unsere Gesellschaft seit etwas mehr als zwölf Monaten durchlebt. „Die Idee zu dieser Ausstellung wurde im November letzten Jahres geboren. Ich war zu dem Zeitpunkt selbst an Covid erkrankt und befand mich dementsprechend in Quarantäne. Mir kam der Gedanke, dass die Pandemie jeden von uns auf die ein oder andere Art und Weise beeinflusst hat und diese Situation auch nicht spurlos an Künstlern vorbeigegangen sein konnte“, erklärt Fotograf Marc Wilwert, der zusammen mit dem Künstler Jean-Claude Salvi hinter der Idee für „COronArt“ steckt.

Eigentlich wollten wir etwas Chaotisches, etwas Spontanes, weil dies zwei Dinge sind, die in der jetzigen Zeit vollständig fehlen. Marc Wilwert

Am Anfang sei dies eigentlich nur ein Gedanke gewesen, sagt Wilwert „doch in den sozialen Netzwerken ist es sehr schnell als Aufruf verstanden worden. Viele Künstler haben den Gedanken weiter gesponnen und wir haben uns darüber unterhalten, wie wer, mit welcher Situation in den letzten zwölf Monaten umgegangen ist. Parallel wurden Werke auf digitalem Weg ausgetauscht. Schnell war Jean-Claude und mir klar, dass etwas mit diesen von der Pandemie beeinflussten Werken passieren musste.“

PR1_7602Das Projekt sei vollständig virtuell aufgebaut worden, unterstreicht Jean-Claude Salvi: „Wir haben uns nie getroffen oder gesehen und es wurde sich fast ausschließlich über Soziale Medien ausgetauscht. Wir stellten allerdings von vornerein klar, dass die Kunstwerke irgendwie in Verbindung mit dem Lockdown, Corona und/oder der Pandemie stehen müssten.“ Wilwert untermauert, er habe selbst nie nur eine Fotografie-Ausstellung auf die Beine stellen wollen, sondern habe den multidisziplinären Ansatz gewollt, weshalb es ein Glücksfall gewesen sei, dass er und Jean-Claude Salvi sich „gefunden hätten“. „Eigentlich wollten wir etwas Chaotisches, etwas Spontanes, weil dies zwei Dinge sind, die in der jetzigen Zeit vollständig fehlen. Überall gibt es Einschränkungen und genau dies wollten wir bei der Ausstellung nicht“, führt Marc Wilwert aus.

Herausgekommen ist eine Ausstellung, bei der sich Fotografie, Malerei und Installationen oder Skulpturen sich vermischen. Die Bandbreite der teilnehmenden Künstler reicht von eingesessenen und bekannten Gesichtern (beispielsweise Jean-Marie Biwer und Patricia Lippert) bis hin zu Künstlern der neueren Generation. Es sei in seinen Augen eine gute Mischung, sagt Marc Wilwert, weil man eben auch Neuntdeckungen machen könne. „Diese Mischung hat sich sehr natürlich ergeben, wenn bis ein bekannter Künstler sagt, ich bin dabei, zieht das Wiederum andere mit. Eine Art Schneeballeffekt entsteht“, beschreibt Jean-Claude Salvi die Situation. Robert Brandy hatte zum Beispiel auch zugesagt, bevor er später erfuhr, dass das MNHA ihm eine große Retrospektive widmen würde (siehe revue n°15/2021). „Es war spannend zu sehen, wie sich das entwickelt hat“, gesteht Wilwert. Dass der „Kamellebuttek“ als Ausstellungsort ausgewählt wurde, sei eher ein Zufallsprodukt, weiß Salvi, allerdings würde gerade ein Haus nahezu symbolisch für den Lockdown im Zuge der Pandemie stehen. Stimmt auch, denn man hat wohl kaum mehr Zeit in den eigenen vier Wänden verbracht, als während des ersten Lockdowns.

PR2_7410Die Ausstellung fühlt sich trotz der relativ hohen Anzahl von Künstlern auf relativ engem Raum nicht wie „zusammengewürfelt“ oder erdrückend an. Wilwert und Sani erklären unison, dass dies der Verdienst der beiden Künstler Raphael Gindt und Daniel Mac Lloyd sei, welche die Kunstgallery „Kamellebuttek“ betreiben. „Raphael und Daniel haben dafür gesorgt, dass die Ausstellung so aussieht, wie sie jetzt aussieht“, beschreibt Salvi. Die Kunstwerke seien alle an einem Tag angeliefert worden und die beiden „Kamellebuttek“-Inhaber hätten sich die nötige Zeit mit der Inszenierung genommen. Gute investierte Zeit, wie man als Besucher feststellt…

Text: Hubert Morang // Fotos: Philippe Reuter

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„COronArt“ noch bis zum 10 Juli im „Kamellebuttek“ (14, rue Marcel Reuland, 4305 Esch/Alzette)
Öffnungszeiten jeweils dienstags, donnerstags und samstags von 14.00 bis 19.00 Uhr
Infos unter: www.kamellebuttek.lu

Philippe Reuter